Die Zietenhusaren - Rathenow - Geschichte und Geschichten - friedrich_wilhelm_ehrhardt

Husar Friedrich Wilhelm Ehrhardt
geboren 18.10.1887 in Waltersdorf / Provinz Brandenburg
gestorben 01.07.1962

5. Eskadron, 1911 - 1914

Bildmaterial und Daten freundlichst zur Verfügung gestellt von Herrn Bernd Ehrhardt, Enkel des Husaren Erhardt.

Als Friedrich Wilhelm seinen Dienst bei den Zietenhusaren begann war er schon 24 Jahre alt. Dienstpflichtig war man zu dieser Zeit mit 20 Lebensjahren. Einem handschriftlichen Eintrag im Soldbuch zufolge (verlinktes Foto siehe weiter unten) ist er auch schon 1907 in das Magdeburgische Husarenregiment N° 10 (Standort Stendal) eingetreten. Die dreijährige Dienstzeit ließ ihn dort im Jahr 1910 wieder austreten. Das Jahr des "Wiedereintritts" in das Heer ist im vorliegendem Soldbuch mit 1916 angegeben, in die "Ersatzeskadron" des 3. Husarenregimentes. Was im 1916 ausgestellten Ausweis unerwähnt bleibt, ist die Dienstzeit 1911 - 1914 in der 2. Eskadron der Zietenhusaren. Da im Ausweis aber nur Eintritt und Wiedereintritt in das Heer abgefragt wird, ist das Fehlen der dazwischen liegenden Daten nicht ungewöhnlich. Friedrich Wilhelm Erhardt hat nach diesen Angaben zweimal 3 Jahre gedient und ist dann kriegsfreiwillig in die Ersatzeskadron eingetreten. Eine interessante Laufbahn.

Foto rechts
Husar Ehrhardt in Paradeuniform =>

nachfolgendes großes Foto
Husar Erhardt als Einjährig Freiwilliger in Feldgrauer Uniform. Demnach hat er als Freiwilliger am 1. Weltkrieg teilgenommen. Ebenfalls beachtenswert ist der mit ihm abgebildete französische Degen Mlè 1822/83, vermutlich eine Beutewaffe.

Achselklappe Einjährig Freiwilliger
(gedrehte Schnur in Landesfarbe, hier Schwarz-Weiß)

übernächstes Foto
Husar Ehrhardt beritten

 

Ausschnitt vom Soldbuch - bitte anklicken -
verlinkt mit Ansicht der eingangs erwähnten Eintragungen zum 10. Husarenregiment und der Ersatzeskadron 3.Husarenregiment

 

Informationen und Anekdoten über die Familie Erhardt
verfasst und freundlichst zur Verfügung gestellt von Herrn Bernd Erhardt

Friedrich II. hatte den Siebenjährigen Krieg mit Mühe gewonnen und fand als Folge seine Dörfer entvölkert, verarmt und verwüstet vor. Er suchte für den Wiederaufbau im Westen und Süden Deutschlands Einwanderer, die die gebotene Chance nutzen wollten. Ab 1747 wurden in den Kirchen der Pfalz ganz offiziell die Einwanderungsedikte des Preußenkönigs verlesen. Daraufhin siedelten sich die ersten Pfälzer in Brandenburg an. Für den Bau ihrer Häuser erhielten alle Kolonisten auf Order des Königs, sozusagen als „Eigenheimzulage“, kostenlos Holz.
Johann Ludwig Ehrhardt 1722 geboren und der Ur-Ur-Ur-Großvater von Friedrich Wilhelm, hatte von all dem Leid und Elend in der damaligen Pfalz die Nase voll. Sie wollten sich vermutlich eine neue Zukunft aufbauen. Er folgte mit seiner Frau Magaretha Catharina geborene Bauer 1726 geboren, sowie seinem Sohn Peter 1753 geboren (der Ur-Ur-Großvater), als auch einem jüngeren Bruder und zwei Schwestern dem Ruf von Friedrich II.
Sie kamen nach Radeland, dieses war in Besitz des preußischen Staates, Amt Köpenick und galt als Vorwerk mit Hammelstall. Urkundlich erwähnt ist, dass 1781 auf dem Radelander Acker zwei Pfälzer Kolonisten (Johann Ludwig und Peter) die Erbzinsststellen antraten, sodass nun das bewohnte Gebiet drei Feuerstellen mit insgesamt fünfzehn Bewohner aufwies. Radeland wurde 1893 umbenannt in Eichwalde wegen dem nahegelegenen Eichenwald. Peter Ehrhardt übernahm später durch Heirat einen Gutshof in Waltersdorf bei Berlin-Schönefeld . Von 1800 bis 1826 wurde er Bürgermeister von Waltersdorf. Von ihm wird gesagt, daß „er sein Schulzenamt in der schwierigsten Zeit (französische Besatzung) oft unter Lebensgefahr zu verwalten hatte." Ihm folgte 1826 - 1851 Johann Peter Ehrhardt ( geb. 10.8.1786, gest. 1851) und Urgroßvater von Friedrich Wilhelm.
1876 wurde Waltersdorf vom König gelobt, weil es sich 1848 nicht an den „Widerspenstigkeiten gegen die adlige Grundherschaft" beteiligt habe. In dem Schreiben heißt es: „Wir sind nicht abgeneigt, aus Billigkeitsgründen und mit Rücksicht auf die sehr loyalen Benehmen und die lobenswerte konservative Haltung, welche die Gemeinde Waltersdorf stets und besonders bei den Unruhen im Jahre 1848 gezeigt hat, die Bewilligung eines Gnadengeschenkes Für dieselbe zur Instandsetzung des Kirchhofes höheren Orts zu beantragen."
1815 wurde Martin Ludwig, der Großvater von Friedrich Wilhelm geboren. 29 Jahre später erblickte am 26.12.1844 sein Vater Ludwig Ehrhardt das Licht der Welt. Dieser verstarb am 10.6.1912. 1887 wurde der spätere Husar Friedrich Wilhelm geboren.

Er hatte noch sechs jüngere Geschwister:
Friedrich Wilhelm 18.10.1887 – 01.07.1962:
Karl Ehrhardt 17.07.1889 – 02.06.1916
Luise Wilhelmine 15.07.1891 – 06.11.1979
Anna Marie Luise 12.03.1895 – 14.01.1936
Wilhelm 01.08.1898 – 23.05.1917
Willi bereits im Kindesalter gestorben
und Elisabeth ?-?

„Am Dienstag den 6. Januar 1903 wurde die Ruhe des Ortes durch Feuerlärm gestört. Ruchlose Hände hatten die mit Stroh gedeckte Scheune seines Vaters Ludwig Ehrhardt in Brand gesteckt. Da die Scheune voller Getreide war, entstand eine Furchtbare Hitze. Glücklicher Weise konnte das Wohnhaus und ein dicht dabei stehender Stall gerettet werden. Menschen waren nicht umgekommen; der Brand hatte jedoch sehr viel Schaden verursacht."
Sein Bruder Karl Ehrhardt 17.07.1889 – 02.06.1916 wurde von seinem Vater Ludwig enterbt da er sich in ein Stubenmädchen verliebt hatte, welches am Gutsherrenhaus angestellt war. Diese Beziehung war nach Ansicht des Vaters, zwischenzeitlich Großbauer mit über 50 Morgen Land, nicht standesgemäß. Karl wollte sich davon nicht abbringen lassen und sich mit seiner Auserwählten, in Berlin mit einem Gemüsegeschäft selbstständig machen. Leider kam Ihnen der 1. WK zuvor. Auch er wurde eingezogen und diente beim 7. Garde Infantrie Regiment, 6. Kompanie. Im Mai 1916 wurde er von einer Granate getroffen und verstarb noch im Larzarett.
Deutsche Verlustenliste Nr. 840, Listennummer 0999, 2.Juni 1916
Sein Bruder Wilhelm Ehrhardt, geb. 1. 8. 1898, ist im April 1917 ebenfalls in Frankreich gefallen. Er wurde im Schützengraben verschüttet.
Deutsche Verlustenliste Nr. 840 Listennummer 1464, 23. Mai 1917;

Nachdem seine beiden Brüder gefallen waren wurde er nach Erzählungen seiner späteren Schwiegertochter Ilse Ehrhardt geb. Hüter, vom Kriegsdienst freigestellt um den väterlichen Bauernhof weiterführen zu können. Auch damals wusste mann, dass man ohne Nachschub und Nahrung keine Kriege gewinnt.
Friedrich Wilhelm heiratete am 08.02.1922 Anna Maria Helene geb. Hinniger und verwittwete Rühle (01.11.1897 – 06.06.1974)
Sie hatten drei Kinder,
Anna Marie Ehrhardt, im Kindesalter gestorben
Dorothea Ehrhardt (16.03.1925 – 01.10.2010), verh. Lobeth
Friedrich Wilhelm Ehrhardt genannt Fritz (15.07.1926 – 11.03.2008)
Im II. WK wurde Friedrich Wilhelm aufgrund seines Alters lediglich bei der Landwacht eingesetzt.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden Kriegsgefangene als Arbeitskräfte in Fabriken und auf Bauernhöfe eingesetzt. Ein französischer und zwei polnische Kriegsgefangene kamen somit auf den Bauernhof von Friedrich Wilhelm Ehrhardt. Es war damals untersagt das Kriegsgefangene mit den Deutschen zusammen aßen oder familiär eingebunden wurden, das war Friedrich Wilhelm jedoch egal. Sie arbeiteten und lebten in dieser Zeit mit der Familie. Es wird erzählt, dass einer der Gefangenen vor seiner Gefangennahme lediglich einen Schuss abgefeuert hatte und sich dann kampflos ergab, der andere hatte erst gar nicht geschossen und sich gleich ergeben. Als der Sohn von Friedrich Wilhelm eingezogen wurde, sagte einer der Beiden zu dem 15-jährigen: „Fritz lieber 5 Minuten Angst als ganze Leben tot“. Welch ein weiser Mann.
Fritz (Friedrich Wilhelm II) wurde wie bereits erwähnt im Alter von 15 Jahren eingezogen, den 19. Geburtstag verbrachte er wieder in der Heimat.

Fritz war im Zweiten Weltkrieg bei der berittenen Artillerie (leichte Feldhaubitze) eingesetzt. Die Militär-Ausbildung fand 1942 beim 23. Garde-Artillerie-Regiment in Potsdam statt. Dann kam er nach Bayern, bis 1945 wurde das Artillerieregiment 23 nach Ungarn an die Front verlegt. Abgegangen ist Fritz als Gefreiter, die Kriegsgefangenschaft erlebte er in Bayern bei den Amerikanern.
Immer wenn Fritz auf Heimaturlaub war, holte ihn ein kleines russischen Mädchen -Jenny- eine Tochter von Kriegsgefangenen) am Bahnhof ab. Fritz erzählte öfters davon wie er in Uniform mit der kleinen Jenny an der Hand nach Hause ging.
Nach dem Krieg wurden viele Säuberungsaktionen durchgeführt. Ehemalige Parteimitglieder, Funktionäre aber auch Großbauern die eine gewisse landwirtschaftliche Größe überschritten wurden abgeführt, umerzogen oder verschwanden nach Russland bzw. überlebten die hierzu eingerichteten Konzentrationslager nicht. Die Großbauern waren im Visier, da für die Gründung der Kolchosen das Land benötigt wurde und die Gesinnung dieser Kapitalisten nicht mit denen der neuen Herren in Einklang zu bringen waren.
Eines Tages wurde auch der Hof der Nachbarn, der Familie Rühle umstellt. Diese war zwar nicht in der Partei, aber eine der größten Bauern in Waltersdorf. Bei Diskussionen in Hinnigers Wirtschaft in Waltersdorf gab Fritz Rühle zudem sehr häufig systemkritische Äußerungen von sich. Die Spitzel der jungen Republik waren zu dieser Zeit bereits aktiv und einsatzbereit. Die Frau Annemarie und die Kinder waren am gesagten Tag zu Hause, Fritz Rühle war bei seinen Schwiegereltern, die in der Nähe der Grenze nach Westberlin wohnten zu Besuch. Friedrich Wilhelms Sohn, Fritz (Friedrich Wilhelm II) wollte seinen Nachbarn warnen, damit er nicht in die ihm gestellte Falle lief. Fritz fuhr zu den Schwiegerleuten von Fritz Rühle und warnte ihn. Fritz Rühle fuhr nicht mehr nach Hause, sondern direkt über die damals noch nicht vollständig abgesicherte Grenze nach Westberlin zu Bekannten, wohin Ihn seine Familie nach großen Schwierigkeiten Monate später mit Hilfe der Großeltern und Freunde folgen konnte.
Friedrich Wilhelm war ebenfalls ein Großbauer, und sein Sohn Fritz stand zudem im Verdacht seinem Nachbarn gewarnt zu haben. Der Schock über die Willkür und Macht die über die Nachbarn eingebrochen war, saß tief. Ihm war klar, sie mussten handeln, bevor ihnen das Gleiche geschah.
Friedrich Wilhelm und seine Frau Helene fuhren am 04.April 1953 mit der Bahn nach Westberlin und kamen erst einmal bei Bekannten unter. Einen Tag später machte sich seine Schwiegertochter Ilse Ehrhardt, mit der damals knapp einjährigen Enkelin Erika auf den Weg nach Westberlin. Erika wurde ebenfalls bei Verwandten auf der Westseite untergebracht. Ilse kaufte einen Koffer und wollte schnellstens nach Hause, damit sie mit ihren Mann Fritz und ein paar Habseligkeiten ebenso nach West-Berlin fliehen konnten. In der S-Bahn wurde Ilse aufgegriffen und zu einem mehrstündigen Verhör abgeführt. Grund war der Koffer. Sie wurde immer wieder gefragt, wozu sie den Koffer benötige. Ilse blieb jedoch eisern bei Ihrer Version, dass sie das Jahr zuvor geheiratet hatte und sich noch eine Menge Kleider und andere Dinge im Haus ihrer Mutter befanden. Sie wollte diese endlich in ihr neues Zuhause holen. Lose über dem Arm könne sie das alles ja nicht transportieren. Ihre Aussage wurde überprüft und man ließ sie eine gefühlte Ewigkeit später gehen. Als Ilse somit erst einige Stunden später, am Nachmittag nach Hause kam, war Fritz bereits in heller Aufregung und Besorgnis. Der Koffer wurde nicht mehr gepackt. Ilse und Fritz zogen sich mehrere Kleider beziehungsweise Hemden und Hosen über, dann wurden noch die wichtigsten Papiere eingesteckt. Fritz lies alle Tiere aus dem Stall, darunter über 30 Schweine, damit sie nicht verenden, falls die Flucht zu spät bemerkt würde. So verließen die beiden am 05. April 1953 wie schon am Tag zuvor Friedrich Wilhelm mit seiner Frau ihr Zuhause, nur mit dem was sie anhatten.
Fritz und Ilse setzten sich auf Ihre Fahrräder und fuhren Richtung Westberlin. Die Grenze war, wie bereits erwähnt noch nicht befestigt. Es gab jedoch bereits Flutlicht und Wachposten die streife liefen um die Grenzen zu sichern. Als sich die beiden der Grenze näherten, versteckten sie die Fahrräder und gingen zu Fuß weiter. Immer wieder mussten sie sich auf den frisch gepflügten Feldern flach hinlegen bzw. in Gräben abwarten, bis die Streifen weg waren oder die Beleuchtung in andere Bereiche schwenkte. So kamen sie laufend und teilweise kriechend nach Westberlin.
Nach dem sie sich die so wiedervereinigte Familie in Westberlin als Flüchtlinge im Auffanglager gemeldet hatten, kamen für ca. 6 Wochen bei dem Schneider Herr Jelinsky unter. Die nächste Station war Osthofen in Westdeutschland. Hier waren Sie für ca. 2 Wochen im Auffanglager untergebracht. Danach ging es in die Pfalz, von wo aus die Ehrhardts circa 200 Jahre zuvor in den Osten aufgebrochen waren. Die erste Station in der neuen Heimat war das Zeughaus in Germersheim. Vier Wochen später zogen Sie in das ehemalige Wehrmachtsgefängnis von Germersheim/Pfalz. Das war dann für ca. 4 Monate Ihr Zuhause. Seine Schwiegertochter Ilse Ehrhardt erzählte, dass er 1953, über einen im Schaufenster ausgestellten Fernseher eines Elektrogeschäftes, die live übertragene Krönung von Königin Elisabeth II., gemeinsam mit anderen verfolgte und es gar nicht fassen konnte, was damals technisch möglich war. Am 01.11.1953 ging es weiter nach Maximiliansau in der Pfalz. 1957 kaufte er sich zusammen mit seinem Sohn Fritz sein erstes (gebrauchtes) Auto, einen VW Käfer.

Die letzte Station des Husaren Friedrich Wilhelm Ehrhardt wurde Weingarten in der Pfalz. Hier lebte er mit seiner Frau und seinem Sohn sowie der Schwiegertochter bis zu seinem Tod 1962. Er erlebte noch 3 Enkelkinder: Annemarie Erika, Cornelia Monika und Hans-Joachim. Die beiden letzten Enkel Bernd Fritz und Gerd Dieter wurden erst nach seinem Tod geboren.
Ihm wird nachgesagt dass er ein ruhiger angenehmer, freundlicher Mensch war. Wenn er morgens eine Tasse Kaffe, die Zeitung und seine Pfeife hatte, war er mit sich und seiner Welt zufrieden.


Notiz über den Husar Julius Ebel
Freund des Friedrich Wilhelm Erhardt

3. Eskadron 1909-1912

Der Husar Julius Ebel lag im September 1914 im Lazarett in Brüssel. Er hatte 2 Schüsse durch die rechte Hand bekommen. Seinen Eltern hatte er mitgeteilt, daß er, sobald seine Wunden geheilt sind, wieder zu seinem Regiment gehen wird.

  

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